Spielen macht Spaß und die meisten Menschen spielen gerne. Was aber hat das Spiel im Coaching zu suchen?

Die Geschichte von Merle

Merle ist traurig. Ihr bester Freund ist gestorben und ihre Trauer ist heftig. Zu heftig findet sie, sie trauere unverhältnismäßig. Darüber wolle sie im heutigen Coaching sprechen. Sie will verstehen, warum sie immer so überreagiere.

Wir spielen

Als ihre Coachin entscheide ich mich, eine spielerische Methode einzusetzen. Gut geeignet erscheinen mir in diesem Fall die Gefühlsmonster-Karten. Das sind fünfundzwanzig Karten, auf denen jeweils verschiedenste Gefühle in Form eines gruseligen, witzigen, fröhlichen u.v.m. Monster abgebildet sind.

Bunte Karten, die Gefühlsmonster abbilden

Spiel im Coaching – mit den Gefühlsmonster-Karten

Merle wählt eine Karte aus, die ihrem momentanen Empfinden der Trauer entspricht. Anschließend erzählt sie, wie sie sich selbst in ihrer Trauersituation wahrnimmt.

Als nächstes erhält sie die Aufgabe Karten auszuwählen, die die zuvor von ihr beschriebenen Stimmen in ihrem Kopf wiedergeben. Sie wählt drei Karten aus, die sie zu der zuerst gewählten Karte legt. Sie sucht den passenden Platz für sie aus. Liegen sie an der richtigen Stelle, im richtigen Abstand? Ist das sich ergebene Bild stimmig für sie? Jetzt kann es weitergehen.

Wir hören gemeinsam zu, was diese Gefühlskarten zu sagen haben: „Liebes Gefühlsmonster A, was sagst du zu den starken Gefühlen der Trauer“? So werden alle ins Spiel hinein genommenen Karten/Stimmen gehört.

Erläuterung: Die Aussagen, die die Coachee aus der Sicht der jeweiligen Karte spricht, bilden ihre verschiedenen inneren Stimmen ab, die sie (wie wir alle) in sich trägt.

Merles erste Gedanken sind vom Verstand geprägt, der viele kluge Tipps und Aufforderungen für sie bereit hält. Sie stellt fest, dass ihr diese mehrheitlich nicht gut tun, sie fühlt sich von ihnen unter Druck gesetzt. Viele der Stimmen (nicht alle) sind kritisch und verurteilen sie.
Auf die Frage, ob es noch weitere Stimmen in ihr gebe, wählt sie weitere Karten aus und findet für sie einen Platz. Sie schiebt sie hin und her bis sie „richtig“ liegen. Jetzt hören wir zu, was diese Karten zu sagen haben.
Es melden sich unterstützende, lösende und verständnisvolle Stimmen in ihr. Ein sichtlicher Seufzer entringt ihrer Brust, die Schulter fällt entspannt nach unten.

Am Ende zieht Merle das Fazit: Ich kann mir meine Gefühle, so wie sie jetzt sind, erlauben. Ich weiß, das wird vorbei gehen. Auch wenn es schwere Gefühle sind, ich kann jetzt besser mit ihnen umgehen. Den Hinweis einer der Verstandes-Karten nimmt sie ernst: Lasse deine Gefühle zu, aber lass dich nicht von ihnen überwältigen.

Was für ein guter Rat! Ich bin beeindruckt, wie sie für sich zu einer passenden Lösung und einem guten Umgang mit ihren Gefühlen gefunden hat.

Spielen schafft Freiräume

Ob mit den Gefühlsmonster-Karten, mit Steinen oder den auf Kärtchen notierten Erkenntnissen aus dem Wesenskernspiel, allen ist etwas gemeinsam: Sie schaffen Frei-Raum zum spielen und sich ausprobieren. Sie ermöglichen sich mit sich selbst zu verbinden, über das Gefühl der Stimmigkeit. Es gibt kein richtig oder falsch, sondern das oberste Prinzip ist, es fühlt sich für mich gut und eben stimmig an.

Verschiedene Steine auf einer grünen Unterlage

Steine, die im Coaching als Aufstellungsfiguren spielerisch eingesetzt werden

Ist das mal nicht der Fall, wird weiter „gespielt“, bis das Gefühl von Stimmigkeit erreicht ist. Am Ende einer solchen spielerischen Zusammenarbeit steht ein Bild, was den Menschen so wie er ist, fühlt und denkt, abbildet. Die Lösungen tragen wir ins uns. Sie bekommen in der spielerischen Herangehensweise die Chance sich mit zu teilen. Verständnis wächst, Freiraum entsteht und Lösungen werden kreiert.

Als Coachin bin ich Reise- oder besser Spielbegleiterin, die diesen Raum schafft und hält, damit etwas Neues und Hilfreiches entstehen und wachsen kann.
Ob mit Karten, Steine oder anderen Mitteln gespielt wird, das auf diese Weise entstanden Gesamtbild kann fotografiert und mit nach Hause nehmen genommen werden. Es stellt einen Anker dar, um sich zu erinnern und Gesagtes und Gefühltes nachzuvollziehen und je nach Spielfreude vielleicht weiter zu spinnen.

Fazit

Spiel im Coaching – ein unbedingtes Ja!